Wird Bitcoin an seiner Komplexität scheitern?

Bitcoin

Als ich heute meinen Sohn in die Schule brachte, machte ich hinterher noch einen kurzen Abstecher zu REWE um mir Milch und frische Semmeln fürs Frühstück zu holen. An der Kasse drängte sich noch schnell ein älterer Herr vor, der seine Flaschenbons einlösen wollte - ich lies ihn gewähren denn es ist allgemein bekannt, dass Pensionisten am wenigsten Zeit haben. Interessiert beobachtete ich das Geschehen. Als die Kassierin ihm das Geld in bar aushändigte, fragte er noch, ob er später auch mit seinen Payback-Punkten bezahlen könnte. Wenn ich Payback höre, stellen sich mir immer die Nackenhaare auf. Meiner bescheidenen Meinung nach verkaufen die Leute für ein paar Silberlinge ihre Privatsphäre - das tun sie zwar mit Kartenzahlung auch, aber Payback ist nochmal ein anderes Kaliber. Mir lag es schon auf der Zunge ihm zu sagen, dass er das besser nicht verwenden sollte, aber das hätte wohl zu nichts geführt - man konnte sehen, dass er jeden Cent mitnahm und das sein Antrieb war alles zu verwenden, wo Geld zurückkommt.

Ich war an der Reihe. Während die Kassierin meine Einkäufe über den Laser zog, versuchte ich Schritt zu halten und verstaute das Zeug in meiner mitgebrachten Jutetasche - Plastik ist ja mittlerweile pfui. Dann kam die obligatorische Frage aller Fragen: "Haben Sie Payback?". Und jetzt konnte ich nicht mehr - ich antwortete mit "Nein, denn meine Privatsphäre ist mir wichtig" während ich ihr den 50-Euro Schein hinhielt. Die Kassierin nickte zu meiner Überraschung verständnisvoll, als mich von der Seite ein Mann, wahrscheinlich türkischer Abstammung etwa in meinem Alter ansah, zuerst nickte und dann entgegnete: "Haben Sie ein Smartphone?". Natürlich wusste ich worauf er hinauswollte - ich antwortete mit "Ja klar" - und er freute sich mir sagen zu können, dass es "dasselbe sei" und man Facebook auch nicht benutzen darf, wenn man auf seine Privatsphäre achtet. Mit Facebook hat er natürlich recht, mit dem anderen jedoch nicht: Es ist eben nicht dasselbe ein Smartphone zu benutzen oder aber alle täglichen Einkäufe einem privaten Unternehmen zu übermitteln welches diese Informationen sammelt und auswertet. Im nächsten Schritt müsste ich ihm jetzt erklären, dass ich kein Facebook benutze. Ich könnte ihm von Nostr erzählen und ihm sagen, dass auf meinem Fairphone (eines der wenigen Telefone bei dem man immer noch den Akku entfernen kann) e/OS läuft. Immerhin hat er aber offensichtlich schon verstanden, dass ihn private Unternehmen ausspionieren - damit ist er schon weiter als die meisten Menschen in dieser Gesellschaft. Ich denke wenn man ein paar Stunden Zeit investiert, würde er verstehen wie man seine Privatsphäre einigermaßen schützen kann und es vielleicht auch tun. Meistens kommt bei dem Thema aber immer noch "Ich hab ja eh nichts zu verbergen" zurück - die Mutter aller Privacy-Steh-Sätze.

Jetzt ist das Thema "Privatsphäre" im Vergleich zum Thema "Bitcoin" noch ein relativ triviales. Selbst ich, dessen erste Linux Distribution Red Hat Linux 6.0 war, habe Bitcoin bis vor kurzem nicht verstanden. Ich habe mich im Vergleich zu anderen schon immer mit freier Technik und FOSS (freier und Open Source Software) befasst und schon recht früh von Bitcoin gehört. Ich denke es war so um 2010 herum. Ich kann mich erinnern, davon gehört zu haben, dass jemand seine Pizzas mit heutzutage unvorstellbaren 10.000 Bitcoins bezahlte (Bitcoiner auf der ganzen Welt feiern diesen Tag als "Pizza-Day"). Für mich war das damals so absurd, dass jemand überhaupt sein hart erarbeitetes Geld in Bits und Bytes verwandelt, sodass ich dem Thema immer ablehnend gegenüberstand. Meine Erleuchtung kam eigentlich erst, als ich mich mit Inflation befasste und damit was Geld eigentlich ist - dann ging es relativ schnell und ich "fiel in den Kaninchenbau" (wie Bitcoiner die zahlreichen Aspekte von Bitcoin, mit denen man sich befassen sollte, nennen).

Nun bin ich aber wie gesagt ein (was Digitales betrifft) technisch doch einigermaßen versierter und interessierter Mensch - ganz anders als die meisten meiner Mitmenschen. Ein Versuch meiner Familie Bitcoin zu erklären, scheiterte kläglich. Mein Papa ist mit fast 86 Jahren verständlicherweise zu alt, den interessiert das natürlich nicht mehr. Meine um 2 Jahre ältere Schwester lehnt es sogar ab sich darüber zu unterhalten, hat vollkommen zu gemacht. Sie hat ihre Meinung zu Digitalgeld und meint, Bitcoin sei ein riesiger Betrug einer mächtigen Verschwörung - was ich auch verstehen kann, weil sie hier leider Leuten glaubt, die auch ganz offensichtlich Bitcoin noch nicht verstanden haben - es ist ja auch nicht einfach. Lustigerweise hat sich meine Mutter als einzige meiner Familie zwar ablehnend geäußert, weil sie "vertraut diesem Internet" nicht (sagte sie mir übrigens in einem Videocall via Signal, was ja doch einigermaßen lustig ist), trotzdem hat sie interessiert nachgefragt was Bitcoin ist. Meine Mutter ist fast 70, das ringt mir schon ein wenig Respekt ab - und sie hat schon einmal bewiesen, dass sie eigentlich für technische Neuerungen offen ist und auch oft über ihren Schatten springt. Ich denke es ist jetzt gut 15 Jahre her, als sie damit begann, ohne jegliche Vorkenntnisse einen Apple Computer zu benutzen und mit Photoshop und Lightroom alte Diapositive meines Urgroßvaters mit einem Durchlicht-Scanner zu scannen und retuschieren. Nicht schlecht, oder? Und sie macht das wirklich super und richtig professionell!

Grundsätzlich muss ich sagen, dass ich aus einer sehr kritischen Familie komme, die schon immer alles hinterfragt hat. Wir haben nicht jeden Scheiß geglaubt, den man uns vorsetzte (ich erinnere mich an "das Waldsterben", der "saure Regen", "Ozonloch" und was weiß ich was da noch alles an Blödsinn dabei war mit dem man die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzen wollte - ich sage nur "Divide et impera"). Mittlerweile ist durch das Internet jedoch die Fülle an Informationen so groß, dass es langsam schwierig wird den Überblick zu behalten und man darin versinkt. Trotzdem: Jeder der einigermaßen wach (nein, ich meine damit nicht woke) ist, kann und muss erkennen, dass es massive Angriffe auf unsere Privatsphäre von allen Seiten gibt. Dass die Regierenden am liebsten den gläsernen Bürger haben würden, den sie vollständig durchleuchten können und unter Kontrolle haben. Man hat es gesehen, bei den unsäglichen Pandemie-Maßnahmen - wo nicht wenige Politiker im Auge der Gefahr durch die “tödlichste Seuche aller Zeiten” ganz offen mit der Einführung einer "Diktatur chinesischen Vorbildes" kokettierten. Und es hat offen gelegt, dass die Mehrheit der Bevölkerung das überhaupt nicht verstanden hat und sie diesen Scam von “wir werden alle sterben”, über “die Enkel bringen ihre Großeltern um” bis hin zu "jeder wird jemanden kennen bla bla" wirklich geglaubt und sich brav impfen lassen haben. Manch einer auch erst unter Androhung seinen Arbeitsplatz zu verlieren (jetzt kennt übrigens wirklich jeder jemanden der dieses ungetestete mRNA Zeug nicht so gut vertragen hat, um es mal höflich auszudrücken). Eine damals getätigte Aussage nach der anderen hat sich hinterher als Lüge herausgestellt, manche Politiker lügen immer noch ganz offen und dreist, und der eine oder andere Untertan glaubt diese Lügen nach wie vor und läuft mit Maske rum (heute, auf eben diesem Weg zur Schule hat mein 7-jähriger übrigens von der Rücksitzbank gequakt, dass er gerade (O-Ton) “einen Deppen” gesehen hat, der allein mit Maske im Auto saß 😷 - ich hab den allerdings nicht gesehen 😂). So, das erstmal zum Thema Staat und was skrupellose Politiker alles so anrichten… Dann gibt es noch die privaten Unternehmen, die darauf setzen, dass Daten das "digitale Gold" seien, diese von Anfang an sammelten um damit Geld zu verdienen und sich jetzt oft dem Druck der Regierungen beugen, zensieren und Daten aushändigen müssen, oft auch in vorauseilendem Gehorsam. All das ist schwer zu verstehen. Dazu kommen noch echte "Verschwörungstheorien" - also damit meine ich jetzt nicht die, die während Corona alle wahr geworden sind.

Und dem nicht genug setzen die Herrschenden jetzt auch noch zum finalen Schlag auf unsere Privatsphäre an - ein Schlag, dessen Tragweite man überhaupt noch nicht abschätzen kann: Das "Digitale Zentralbankgeld" kurz CDBC. Mein Freund an der Kasse würde wahrscheinlich sagen, "ja, aber dann darfst du auch nicht mit Karte zahlen" - wo er wieder recht hätte - und eben auch nicht. Die Einführung eines digitalen, nicht anonymen Geldes mit gleichzeitiger Abschaffung von Bargeld führt im Vergleich zur Option "Kartenzahlung" unmittelbar in die absolute Unfreiheit. Du kannst jeden einzelnen Bürger damit lückenlos überwachen, Geldströme unterbinden, du kannst digitales zentralisiertes Geld programmieren, es verändern, Menschen dazu zwingen es auszugeben und nicht zu "hodln" (Bitcoin-Jargon für sparen), du kannst damit Menschen unterdrücken, Revolutionen verhindern und, und, und - kurz: Unsere durch und durch geschätzten und vertrauenswürdigen Regierenden, von denen so viele unser Vertrauen mit ihren Lügen und Korruptheit so oft missbraucht haben, es gibt sogar Leute die behaupten, dass manche von ihnen unsere Verfassungen mit Füßen getreten haben, könnten damit eine Super-Diktatur errichten vor der es kein Entrinnen gibt. Und sie werden es auch tun, denn diese Macht ist so süß, dass der, der einmal von diesem süßen Apfel gekostet hat, nicht mehr aufhören kann davon zu naschen. Ein orwellscher Albtraum.

So, und jetzt zum Positiven:  
Bitcoin kann all das verhindern. Wer Bitcoin einigermaßen verstanden hat, würde sehen, dass dieses Geld dezentral und damit nicht zensierbar, für jeden frei verwendbar, nicht unendlich vermehrbar (Inflation), ohne Banken funktioniert und blitzschnell (Lightning) ist. Ein Geld von Menschen für Menschen. Wollte man es verbieten wäre das ungefähr so, als würde man sagen, man habe vor das Internet zu verbieten. Ein Geld bei dem wirklich alle gleich sind, das jeder benutzen und von dem du keinen ausschließen kannst. Es würde die Welt verändern, wenn jeder Mensch auf dieser Welt nur noch in Bitcoin bezahlen würde. Die Macht der Regierungen würde auf das notwendige Mindestmaß zurückgestutzt, sie könnten keine Kriege mehr über Inflation finanzieren, keine unbequemen Aktivisten ausschalten indem sie ihnen das Bankkonto sperren und so weiter. Das wäre wiederum der Albtraum der Herrschenden, die den orwellschen Albtraum umsetzen möchten.

Bitcoin ist für mich ein wenig so wie Linux für Computer oder Smartphones: Ein freies System, jeder kann es kostenlos herunterladen, installieren und niemand kann demjenigen verbieten es für seine Zwecke zu benutzen. Jeder kann daran mitarbeiten wenn er die Möglichkeiten dazu hat. Ein freies System für freie Menschen das immer besser wird.  
Und trotz dieser großartigen Alternative verwenden so viele Menschen unbegreiflicherweise weiterhin intransparente, geschlossenen Systeme wie Windows, MacOS  usw. Trotz all der Vorteile die ein freies System wie Linux mit sich bringt vertrauen sie Unternehmen, die offen zugeben dass sie die Nutzer ausspionieren. Das ist auf der einen Seite sicherlich deshalb so, weil viele Menschen den technischen Hintergrund nicht haben, das freie System auf dem eigenen Gerät zu installieren. Und bis heute gibt es nach wie vor nur ganz wenige Nischenanbieter, die vorkonfigurierte Systeme verkaufen - man muss immer noch danach suchen. Auf der anderen Seite sind die Menschen auch träge, sie möchten sich nicht mit neuen Dingen befassen oder gar noch neue Programme bedienen lernen. Deshalb nehmen sie in Kauf ihre Freiheit zu verlieren und stecken den Kopf in den Sand. Andere wiederum verstehen gar nicht, dass geschlossene Systeme oft "böse Dinge tun" bzw. man davon gar nichts mitbekommt wenn sie es tun. 

Und da frage ich mich manchmal: Wird Bitcoin ein ähnliches Schicksal erleiden? Wird es sich trotz aller Vorteile nicht durchsetzen weil die große Mehrheit der Menschen es vermutlich nie verstehen wird bzw. zu träge sind sich damit zu befassen? Angst davor haben? Es zu abstrakt ist? Wird es an seiner Komplexität scheitern oder wird Bitcoin eines Tages hoffentlich die Welt dieses Mal wirklich in die richtige Richtung verändern? Ich hoffe dass es zumindest vielleicht so wie bei Linux läuft. Dieses hat sich ja schon irgendwie durchgesetzt, wenn auch anders als es sich damals die Diskutanten der Frage "Wann setzt sich Linux am Desktop durch" vorgestellt hätten. Damals gab es noch keine Smartphones und niemand von uns hätte je ahnen können, dass so viele Menschen mit Android eben "unser" Linux in der Hosentasche mitführen und benutzen würde ohne dass diejenigen überhaupt davon wissen. Es wäre schön, wenn sich Bitcoin zumindest in auf diese Art und Weise irgendwie durchsetzt und eine Alternative zu dem sicherlich bald eingeführten CDBC darstellt.

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